Seit dem Jahr 2005 werden in der Luisenstadt in Kreuzberg historische Gebäude und Freiräume mit Hilfe des Förderprogramms Städtebaulicher Denkmalschutz denkmalgerecht saniert und für aktuelle Nutzungen fit gemacht.
Ziele dabei sind gleichermaßen, die Denkmale und ihre Umgebung baulich zu ertüchtigen, sie zu lebendigen Orten zu entwickeln und ansässige Einrichtungen, wie Schulen, Kitas, Familienzentren und Kultureinrichtungen in ihrer Arbeit zu stärken und für kleine und große Nutzer*innen attraktiv zu machen.
Nicht zuletzt auch dank der Fördermittel aus dem Programm Städtebaulicher Denkmalschutz hat sich die Kreuzberger Luisenstadt in den letzten zehn Jahren zu einem von vielen Menschen geschätzten, lebendigen Quartier in der Berliner Innenstadt entwickelt. Mehr als zwölf Projekte konnten bisher abgeschlossen werden, viele weitere sind in der Umsetzung oder für die Zukunft geplant.
Skalitzer Park
In einem kooperativen Verfahren wurden sechs Landschaftsarchitekturbüros zur Neugestaltung der Grünanlage an der Skalitzer Straße aufgefordert. Um mit der Planung eine langlebige Nutzung und Lösung der aktuellen Probleme vor Ort zu realisieren, fanden vor und während des Verfahrens zahlreiche Beteiligungsveranstaltungen mit Kindern, Jugendlichen und den Anwohner*innen der Umgebung statt.
Verkehrskonzept
Das integrierte Verkehrskonzept für die südliche Luisenstadt ist in 2017/2018 erarbeitet worden. Ziel des Konzepts war es, Maßnahmenvorschläge zur Umgestaltung der Straßenräume zu erarbeiten, die bestehende Konfliktlagen beseitigen können. Als erste Maßnahmenumsetzung beginnt in 2020 die Planung zur Umgestaltung der Oranienstraße sowie der Straßen, die den Ehemaligen Luisenstädtischen Kanal flankieren.
Umbau Oranienstraße
Entspannt durch die Oranienstraße? Haben Sie auch noch nie gehört? Dann sagen Sie uns Ihre Meinung!
Die Oranienstraße ist eine wichtige Einkaufsstraße in Kreuzberg, in der allerdings oft kein Durchkommen ist. Autos parken in den Lieferzonen, der Lieferverkehr steht in der zweiten Reihe und der Bus kommt nicht durch. Fußgänger*innen drängen sich auf dem vollgestellten Bürgersteig und Radfahrende sind auf der Straße gefährdet. Um diese Probleme anzugehen wird die Oranienstraße bis 2025 umgebaut, damit alle Nutzenden sicher die Oranienstraße passieren oder auch gemütlich verweilen können. Das Ziel ist klar, der Weg dahin noch offen. Im Vorfeld des geplanten Umbaus findet dazu aktuell ein umfassender Beteiligungsprozess statt.
Expertengremium
Ein beratendes Expertengremium aus lokalen und regionale Expert*innen begleitet den Planungsprozess und hat bereits im Juni und August getagt. Im Gremium vertreten sind Akteur*innen der verschiedenen Verkehrsarten (Fuss e.V., changing cities e.V., ADFC Berlin e.V., ADAC, BVG), von mobilitätseingeschränkten Menschen (Bezirkliche Behindertenbeauftragte und Seniorenvertretung), von Kinder und Jugendlichen (Kinder- und Jugendbeteiligungsbüro), der lokalen Gewerbe (2 Gewerbetreibende und bezirkliche Wirtschaftsförderung), der Anwohnerschaft (zwei Privatpersonen und Nachbarschaftszentrum) sowie von SenSW (Stadterneuerung) und SenUVK (Verkehrsmanagement sowie Straßenplanung/ Straßenraumgestaltung). Sie bilden die Belange der verschiedenen betroffenen Gruppen und Institutionen ab und vertreten als Gremium insbesondere die Belange der Anwohner*innen, der Gewerbetreibenden und Personen mit besonderen Mobilitätsbedürfnissen. Die Inhalte werden über diese Multiplikator*innen in die Nachbarschaft zurückgespielt. Die Arbeitsergebnisse der ersten beiden Sitzungen waren planerische Grundlage für die Arbeit in den Planungswerkstätten.
Protokoll 18.06.2020
Protokoll 27.08.2020
Protokoll 09.12.2020
Kinder- und Jugendbeteiligung
Kinder, Jugendliche und junge Menschen an der Ideenfindung für den Umbau der Oranienstraße zu beteiligen ist zwingend richtig. Als Weg zur Schule, zu Spielplätzen, Sport, dem Familienzentrum, der Bibliothek, wegen des Angebots an günstigen Läden und Essensmöglichkeiten ist sie ein wichtiger Lebensraum für diese Altersgruppen.
Die vom PROjekt Erlebnisräume/ GSJ gGmbH konzipierten Aktionen zur Kinder- und Jugendbeteiligung im Gesamtverfahren wurden Mitte August, Anfang September 2020 mit dem Kinder- und Jugend-Beteiligungsbüro Friedrichshain-Kreuzberg (KJBb)/ GSJ gGmbH für die Kinder und der Streetunivercity als Partner der Jugendbeteiligung durchgeführt.
Bereits in den Sommerferien entwickelten Jugendliche der Streetunivercity einen Fragebogen für die Jugendbeteiligung. Während die Gruppe „Jung fragt Jung“ mit diesem und Postkarten zur Beteiligung unterwegs war, um andere Jugendliche und junge Erwachsene einzubeziehen, wurden die Kinder mit einem anderen Format eingebunden.
Sie waren an zwei Tagen als Gruppen in verschiedenen Teilabschnitten der Oranienstraße zwischen Skalitzerstraße und Segitzdamm und auf den beiden Plätzen mit Checker*innen-Ausweisen, Warnwesten, Sprühkreide, Postkarten, Smileys und Stiften, einer Gruppenleitung und einem Dokumentationsteam unterwegs. Vor allem die Sprühaktion erweckte auch das Interesse vieler Passant*innen.
Mit dabei waren elf Kinder der Jahrgangsstufen 4,5,6 aus dem Hort der Nürtingen-Grundschule mit der Schulsozialarbeiterin von Kotti e.V. und für die Heinrich-Zille-Grundschule die Klasse 6c mit zwanzig Kindern und den beiden Lehrkräften sowie Kolleg*innen des Hortbereiches.
Die sechzig geführten Interviews wurden von den Jugendlichen der Streetunivercity ausgewertet. Die Ergebnisse der Kinderbeteiligung stellten das PROjekt Erlebnisräume und das KJBb zusammen. Zu den drei Workshops der Bürgerbeteiligung im September/Oktober präsentierten Kinder und Jugendliche den Anwesenden ihre Ergebnisse auf großen Plänen.
Vor Ort-Befragungen
Die Befragungen fanden am 20.08.20 (9:00 bis 12:00 Uhr) und am 25.08.20 (17:00 bis 20:00 Uhr) zwischen Heinrich- und Oranienplatz statt. Dort haben Gespräche mit ca. 80 Passant*innen stattgefunden, die ca. 40 Kommentare zur Oranienstraße auf unserer Gebietskarte hinterlassen haben.
Die Ideen und Anregungen reichten von Wünschen nach einer kompletten Fußgängerzone bis zur vollständigen Erhaltung der Ist-Situation. Störfaktoren wurden primär in der Lärmkulisse durch Gastronomie und Verkehr gesehen, sowie das daraus resultierende schlechte Mikroklima im Kiez. Als Gefahren wurden insbesondere Tempoüberschreitungen, zweite Reihe Parken und die geringen Bewegungsflächen auf den Gehwegen benannt. Weiterführende Bedenken im Zuge des Umbaus der Oranienstraße waren zum Beispiel die Verlagerung des Verkehrs auf die Nebenstraßen, die Vermehrung von Lautstärke durch Aufenthaltsflächen für Partygänger und mögliche Mietsteigerungen durch einen attraktiveren Straßenraum. Oft genannte Vorschläge für den Umbau waren zum Beispiel mehr Grün in Hinsicht auf eine klimaresiliente und kindergerechte Gestaltung sowie mehr Flächen für den Radverkehr. Ideen zur Geschwindigkeitsreduzierung waren zum Beispiel eine gewundene Fahrbahnführung und mehr Verkehrskontrollen bei Autofahrenden. Allgemein wurden oft die Beschränkung von Autos und illegalem Parken, sowie die Idee der Einbahnstraßenregelung genannt. Ein grundsätzlich vernetztes Denken von Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung im Bezirk und eine Verkehrswende berlinweit waren Anliegen der Passant*innen.
Öffentliche Planungswerkstätten
Am Montag, den 7. September, fand in der Kreuzberger Jens-Nydahl-Grundschule im Rahmen dieser Bürger*innenbeteiligung die 1. Öffentliche Planungswerkstatt zum Umbau der Oranienstraße statt. Nach Postkartenaktion und Aushängen waren nach Anmeldung fünfzig Anwohner*innen und Nutzer*innen eingeladen, die ersten Planungsskizzen für die zukünftige Gestaltung der Oranienstraße zu diskutieren. Im Außenraum fand die nicht teilnahmebeschränkte Begrüßung mit einleitenden Worten von Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann und dem Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes, Felix Weisbrich, statt. Im Außenraum erfolgte auch die Vorstellung der bisher umgesetzten Bausteine des Beteiligungsverfahrens. Im Anschluss fand die teilnahmebeschränkte Diskussion an Arbeitstischen im Schulgebäude unter strengen Hygieneauflagen statt. Die drei vorgestellten Planungsvarianten bildeten folgendes Spektrum ab:
- Mischvariante (Verbesserung im Bestand)
- Einbahnstraßenregelung
- Ohne beziehungsweise zeitlich begrenzter individueller Durchgangsverkehr
Sie wurden detailliert hinsichtlich ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile an den Tischen erörtert. Die Ergebnisse wurden am Ende im Plenum vorgestellt. Als Zwischenfazit kann festgehalten werden, dass sich mehrheitlich für die Stärkung des Fuß- und Radverkehrs und die Reduzierung des Autoverkehrs ausgesprochen wurde.
Aufgrund der sehr hohen Anmeldezahlen wurde am 01.10.2020 eine zusätzliche öffentliche Planungswerkstatt veranstaltet.
Geschlossene Planungswerkstatt
Neben den beiden öffentlichen Werkstätten fand am 15.09.2020 eine geschlossene Planungswerkstatt mit eingeladenen Anwohner*innen statt. Hierfür wurden 1.500 Personen aus dem direkten Umfeld der Oranienstraße per Zufallsstichprobe aus dem Melderegister des Landes Berlin ausgewählt und eingeladen. Von über hundert Rückmeldungen wurden fünfzig Personen für die Teilnahme per Losverfahren ausgewählt. Ziel war hierbei, einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung bei diesem Beteiligungsverfahren einzubinden. Die Ergebnisse dieser geschlossenen Werkstatt unterschieden sich nicht grundsätzlich, von den Ergebnissen der ersten offenen Werkstatt.
Informationsveranstaltung Gewerbe
Die Gewerbetreibenden in der Oranienstraße sind eine wichtige Interessengruppe, wenn es um den Umbau der Straße geht. Sie werden unmittelbar vom Umbauprozess und auch der umgesetzten Baumaßnahme betroffen sein und hoffentlich davon profitieren. Am 11.02.21 hat daher eine eigene Informationsveranstaltung für Gewerbetreibende als Videokonferenz stattgefunden. Viele der etwa 30 Teilnehmenden haben das Vorhaben explizit begrüßt. Die Fragen bzw. Bedenken kreisten hauptsächlich um die zukünftig veränderten Bedingungen in Hinblick auf den Lieferverkehr.
Protokoll 11.02.21
Ergebnisse
Insgesamt weisen die in allen Formaten gesammelten Hinweise in die gleiche Richtung. Die mit dem Autoverkehr verbundenen Belastungen und Flächeninanspruchnahme sollen reduziert und die Bedingungen für den Rad- und Fußverkehr verbessert werden. Die Zusammenfassung der Ergebnisse des Beteiligungsprozesses 2020 können dem unten verlinkten Ergebnisbericht entnommen werden. Einen Schwerpunktartikel zur Umsetzung der verschiedenen Beteiligungsformate finden Sie unter anderem im Newsletter Luisenstadt (Nr. 011, 03/2020).
Basis der Planungen ist das 2018 erstellte und 2019 von der BVV beschlossene Integrierte Verkehrskonzept Luisenstadt Kreuzberg, was Sie in diesem Projektreiter ebenfalls finden. Auftraggeber des Umbauvorhabens ist das Straßen- und Grünflächenamt Friedrichshain-Kreuzberg. Es wird über Mittel aus dem Städtebauförderprogramm „Lebendige Zentren und Quartiere“ finanziert.
Ausblick
Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie wird es zum Abschluss des Beteiligungsverfahrens Oranienstraße keine, wie sonst üblich, öffentliche Abschlussveranstaltung geben können. Daher haben wir uns dazu entschieden mit der Realisierung eines Erklär-Films ein neues Format zur Vermittlung des finalen Planungsstandes auszuprobieren. In diesem Film-Clip wird Ihnen die eingeblendete Plangrundlage mithilfe eines Erläuterungstextes allgemeinverständlich vermittelt werden. Diesen können Sie voraussichtlich ab Ende März 2021 unter https://mein.berlin.de/ angucken.
Im Laufe des Jahres 2021 wird die Erstellung der sog. Bauplanungsunterlage und die Beantragung von Fördermitteln erfolgen. Die Planung wird bis dahin noch – u. A. in Abstimmung mit der Denkmalbehörde und der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz – vertieft werden. Die dann schlussendlich umzusetzende Planung wird von der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg beschlossen werden.
Umbau Straßen rund um den ehemaligen Luisenstädtischen Kanal
Der Grünzug Ehemaliger Luisenstädtischer Kanal ist eine wichtige Wegeverbindung für Fußgänger*innen und Radfahrende im Quartier. Um das Radfahren auf den Straßen rund um das alte Kanalbecken attraktiver zu machen wird der Straßenraum umgestaltet werden. Am 7. Oktober fand eine Begehung mit Anwohnenden und Interessierten vor Ort statt, um gemeinsam Missstände zu begutachten und Lösungsansätze zu diskutieren. Mit dem beauftragten Planungsbüro und dem Straßen- und Grünflächenamt wurde ein Teilabschnitt des Projektgebietes zwischen Waldemarbrücke und Skalitzer Straße begangen. Erste verkehrsberuhigende Maßnahmen durch Beschilderung, Poller etc. sollen nach dem Beteiligungsprozess schnell umgesetzt werden. Bauliche Maßnahmen dauern länger, aber auch hier versucht das Straßen- und Grünflächenamt die Umsetzung möglichst zügig voranzutreiben. Der Umbau wird über Mittel aus dem Städtebauförderprogramm „Lebendige Zentren und Quartiere“ finanziert und vom Straßen- und Grünflächenamt Friedrichshain-Kreuzberg beauftragt.
Waldemarstraße 57 / Civilipark
Die Freiflächen rund um die Gebäude Waldemarstraße 57 werden in den Jahren 2019/2020 mit Mitteln aus dem Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz neu gestaltet. Ziel ist es, die Freiflächen an den heutigen Bedarf der Nutzer*innen, darunter insbesondere Kinderhaus Waldemar, Civilipark und Kita Florian anzupassen. Besonderes städtebauliches Ziel ist die gestalterische und funktionale Einbindung in das Gesamtgelände Bethanien. Die Planungen von hochC Landschaftsarchitekten werden von der Garten- und Landschaftsbaufirma metre baulich umgesetzt. Nutzer*innen und zuständige Fachverwaltungen wurden frühzeitig und umfassend in den Planungsprozess einbezogen. Die Einrichtungen werden auch in der Bauphase beteiligt. STATTBAU ist mit der Projektsteuerung beauftragt.